Impuls zum Sonntag

Erntefest des Lebens

Nach dem wechselhaften Wetter im Juli hat sich in dieser Woche eine stabilere Wetterlage eingestellt. Die Bauern werden dankbar sein, weil sie nun endlich eine längere trockene Phase für die Ernte nutzen können. Der Sommer hat seinen Höhepunkt erreicht. Nicht nur die Felder werden jetzt abgeerntet, auch an Büschen, Sträuchern und Bäumen sind bzw. werden die Früchte reif. Die Sommerblumen strahlen in voller Pracht. Kräuter betören mit ihrem kräftigen Duft.

Da feiert die Kirche am 15. August das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel. In der Ostkirche wird das Fest bereits seit 450 gefeiert, im Westen seit dem siebten Jahrhundert. Das eigentliche Sterbedatum Marias ist nicht bekannt. Man hat dieses Datum von einem Feiertag in der Jerusalemer Marienkirche übernommen.

Für unsere Breiten trifft sich das sehr gut. Denn man kann die Aufnahme Mariens in den Himmel auch als Erntefest des Lebens bezeichnen. Maria hat als erste von uns Menschen das Ziel erreicht, zu dem wir alle noch unterwegs sind. Wir glauben, dass sie ganz und gar erlöst ist, dass ihr Leben bei Gott vollendet ist.

Eine alte Legende erzählt, dass die Apostel drei Tage nach Marias Tod ihr Grab öffneten, aber es lag kein toter Körper mehr darin. Stattdessen fanden sie Blumen und duftende Kräuter. Die Apostel verstanden das als ein Zeichen Gottes, dass das Leben den Tod besiegt hat und Maria schon ganz bei Gott ist.

So lässt sich auch die uralte Tradition der Kräuterweihe erklären, die an diesem Sonntag in manchen Gemeinden durchgeführt wird. Die duftenden Kräuter, die am Festtag gesegnet werden, erinnern uns an das leere Grab. Darin wabert nicht der Moder des Todes, sondern daraus steigt der Wohlgeruch des Lebens auf, das Gott schenkt. Die duftenden Kräuter sind ein Zeichen für Heilung, Schutz und Segen sowie für die Schönheit der Schöpfung, die Gott uns Menschen anvertraut hat. Sie erinnern uns sichtbar und riechbar daran, dass Gottes Segen uns begleitet im Leben wie im Tod, mitten in dieser Welt, in allem, was wächst und gedeiht, genauso wie im Himmel, in dem uns unzerstörbares Leben blüht.

Markus Gudermann