Mach´s wie Martin
„Ich ging als Bettler von Tür zu Tür. Da erschien in der Ferne dein goldner Wagen, wie schimmernder Traum. Und ich wunderte mich, ich fragte mich, wer dieser König der Könige wohl sei. Hoffnung stieg in mir hoch: Ich erwartete Almosen, die geboten wurden, ohne dass man um sie bat und Reichtum, rings in den Staub geschüttet.
Der Wagen hielt an, wo ich stand. Dein Blick fiel auf mich, du stiegst aus, mit Lächeln. Ich fühlte, das Glück meines Lebens sei endlich gekommen. Da plötzlich strecktest du deine rechte Hand aus und sprachst: ‚Was hast du mir zu schenken?‘ Welch ein Scherz war das? Bei einem Bettler zu betteln. Ich war verwirrt, verlegen, stand unentschlossen, da nahm ich ein Reiskorn aus meinem Beutel und gab es dir!
Doch wie groß war mein Erstaunen, als ich am Ende des Tages meinen Beutel umdrehte und zwischen wertlosen Plunder das kleine Korn wiederfand – es war in Gold verwandelt. Da habe ich bitterlich geweint, und es tat mir leid, dass ich nicht den Mut gefunden hatte, Dir mein alles zu geben.“
Im November und Dezember feiern wir die großen Heiligen des Teilens: Martin, Elisabeth und Nikolaus. Diese Feste werden mit vielen schönen Traditionen, wie zum Beispiel in der kommenden Woche mit den Martinszügen, gefeiert! Aber es sind auch herausfordernde Heilige. Das Teilen fällt uns im privaten wie auch im gesellschaftlichen Bereich oft sehr schwer. Wir haben Angst nicht genug zu haben – Angst, dass es für uns nicht reichen könnte – Angst, dass andere besser da stehen – Angst, dass uns andere etwas wegnehmen! Wir wollen uns absichern und da hat man vielleicht den Eindruck, dass Teilen uns arm macht. Indirekt lädt uns aber Jesus zum Teilen ein: In der Nacht nach der Mantelteilung erscheint Martin der Bettler in der Gestalt von Jesus Christus im Traum und spricht zu ihm: „Was ihr den geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“
Die Geschichte von Tagore kann uns vielleicht ein wenig die Sorge nehmen. Sie lehrt uns, dass das, was wir abgeben, zu Gold, also zu einem „Mehrwert“ werden kann. Der romantische Dichter Clemens von Brentano schreibt das einmal so: „Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden.“
Ist es nicht wirklich so: Wer schenkt und teilt, wird selber reich beschenkt: durch ein Danke, ein gutes Wort, ein Lächeln, eine Umarmung!
Mach´s wie Martin, Elisabeth und Nikolaus: Teile was du übrig hast!
Einen schönen gesegneten Sonntag
Diakon Ludger Althaus